Der Traum vom einfachen Leben haben Verena & Markus Senn gesucht. Mit sechs Kindern zogen sie auf eine Alp im Tessin. Doch die harte Arbeit und die Abgeschiedenheit, bringen die Aussteiger an die Grenzen. Der Vater kämpft gegen ein Burnout und die Hofnachfolge erweist sich schwieriger als erwartet.
Verena und Markus Senn sind seit den wilden Zeiten von 1968 ein Paar. Die Beiden sind im Zürcher Oberland aufgewachsen und lernten sich als Lehrlinge auf der täglichen Zugfahrt zu ihren Lehrbetrieben in der Stadt Zürich kennen. Verena wollte Buchhändlerin werden, Markus Schriftsetzer. In ihren Gesprächen ging es 1968 weniger um die politischen Momente, die damals in den heissen europäischen Sommer mündeten. Musik und das Engagement für den Umweltschutz funktionierten als gemeinsamen Nenner. Auch die Lebensträume waren ähnlich. Sie wollten zusammen bleiben und schlossen sich den „Bärglütli“,an. Einer Gruppe von Aussteigern mit dem Ziel, in einem abgelegen Tal im Wallis als Selbstversorger zu leben. Funktioniert hat es nicht, aber die Erfahrungen daraus waren wertvoll für ihre gemeinsame Zukunft.
Sie gründeten eine Familie und nach langer Suche fanden sie 1986 im Tessin hinter dem letzten fast ausgestorbenen Bergdorf im Valle di Campo, eine Alp von der sie so lange träumten. „Für unsere sechs Kinder haben wir etwas anderes gesucht, als die Betonwelten einer Stadt .“ meint Verena. Doch für die Kinder war die neue Heimat nicht nur ein Paradies. Täglich waren sie über zwei Stunden mit dem Schulbus unterwegs.
Die ersten Jahre auf 1400 Metern waren hart. Am Anfang lebte die Familie Senn mit ihren Kindern in Tippies. Im Winter fanden sie Unterschlupf im Pfarrhaus im Tal. Der Kanton verweigerte ihnen die Baubewilligung für die dringend benötigte Behausung. Es brauchte damals den „Beobachter“ und die „Rundschau“ von SRF, um etwas zu bewegen. Tessiner Politiker mit Weitsicht übernahmen den Rest und wussten das Engagement von Verena und Markus Senn in die richtigen Bahnen zu lenken.
Nach und nach erweiterte die Familie Senn auf der Alp ihren kleinen Bauernbetrieb, bauten Ställe für Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner. Sie pflanzten Gemüse und Beeren, begannen Käse zu produzieren. Was sie nicht selbst zum Leben brauchten, verkauften sie auf dem Markt in Locarno.
Im AHV-Alter bleiben für Verena & Markus nun die Sorge um die Hof-Nachfolge. Vor allem Markus ist bedrückt. Ausgerechnet an seinem Geburtstag bricht er zusammen und landet mit einem Burnout im Spital. Fast zwei Jahre kämpft er gegen die Krankheit. Derweil Verena und die Familie den Hof über Wasser halten.
Markus sieht das Aussteiger-Projekt auch kritisch: „Wir haben immer nur daran gedacht, wie wir auf den Berg kommen aber nie, was wir machen, wenn wir oben sind“.
Von den Kindern lebt heute nur noch der 42jährige Samuel auf dem Bergbauernhof.
Die Verantwortung für die Zukunft des Hofs lastet auf seinen Schultern. Ob er es schaffen wird, weiss er selbst nicht. Seit Jahren wünscht er sich eine Familie. Aber welche Frau möchte so abgelegen leben? Was ist für ihn wichtiger, die Liebe oder der Traum seiner Eltern?
Autorin: Martina Egi
Kamera: Björn Lindross
Ton: Heinz Kurz
Schnitt: Sarah Felix
Produzentin: Iris Rüfenacht
Leitung: Belinda Sallin